Reden und Berührungen für die Seele

Die non-verbale Kommunikation ist ein entscheidender Faktor für ein erfolgreiches Gespräch. Obwohl die Sprache dabei das Hauptmittel ist, können non-verbale Signale, wie Körpersprache und Berührungen, eine wichtige Rolle spielen.

Doch wann ist es angemessen, eine Berührung in einer Konversation zu nutzen, um eine tiefere Verbindung zum Gesprächspartner aufzubauen, und wie kann man die non-verbale Kommunikation am besten wahrnehmen?

Prof. Dr. Sebastian Ocklenburg, Professor für Forschungsmethoden in der Psychologie an der MSH Medical School Hamburg, hat sich diesen Fragen angenommen und mit LESEZEIT über die Bedeutung von Berührungen für die seelische Gesundheit gesprochen.

Herr Ocklenburg, wichtig ist Ihnen das Zuhören im Vergleich zum Sprechen in einer Konversation?

Als Psychologe ist mir das Zuhören besonders wichtig – gutes Zuhören macht in vielen Fällen einen der wichtigsten Aspekte unserer Arbeit aus.

Inwieweit denken Sie, dass die Körpersprache und non-verbale Signale eine wichtige Rolle bei der Verständigung spielen?

Generell ist es natürlich sehr wichtig, dass man die Körpersprache und non-verbalen Signale der Person, der man zuhört, auch beachtet. Besonders die Mimik kann ganz viele wichtige Kontextinformationen geben, wie jemand eine gesprochene Aussage eigentlich meint, etwa ob sie ernst gemeint oder ironisch ist.

Wie beeinflusst non-verbale Kommunikation, wie Berührungen, das Gespräch und dessen Verlauf?

Das ist natürlich von Person zu Person sehr verschieden. Wenn beide Personen damit einverstanden sind sich zu berühren und die Berührung positiv sehen, kann sie zu einer engeren Bindung zwischen den beiden Menschen führen. Ungewollte Berührungen können aber natürlich auch zu negativen Emotionen führen.

Wann ist es angemessen, in einer Konversation Berührungen zu nutzen und wann ist es tabu?

Das Wichtigste ist natürlich, dass die andere Person auch berührt werden will – ungewollte Berührungen werden von vielen Menschen als extrem unangenehm empfunden. Im Zweifelsfall ist es wahrscheinlich das Beste, man fragt einfach nach, ob es für die andere Person OK ist, oder nicht. Darüber hinaus gibt es natürlich auch Lebensbereiche, wo man generell davon absehen sollte, andere Menschen in Konversationen zu berühren, etwa auf der Arbeit.

Wie wichtig ist es, auch die non-verbale Kommunikation des Gesprächspartners wahrzunehmen und wie kann man dabei am besten vorgehen?

Ich denke, es ist ähnlich wie beim guten Zuhören: Man sollte der anderen Person seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken und sich voll auf das Gespräch einlassen. Wie wichtig non-verbale Kommunikation ist, kommt natürlich immer auf die beteiligten Personen an. Wenn es etwa ein wichtiges Thema gibt, dass die Person aber nicht direkt ansprechen möchte, können non-verbale Signale eine wichtige Rolle spielen. Wenn man merkt, dass es da ein unausgesprochenes Thema gibt, kann man dann zum Beispiel auch mal selbst nachfragen, ob es zusätzlichen Gesprächsbedarf gibt.

Wie kann man die non-verbale Kommunikation durch Berührungen gezielt einsetzen, um eine tiefere Verbindung zu dem Gesprächspartner aufzubauen?

Also, wenn die Berührungen von beiden Menschen gewollt sind und positiv wahrgenommen werden, können sie sicherlich zu einer tieferen Verbindung beitragen. Umarmungen, besonders längere, führen zu einer Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin. Dieses trägt zu einer langfristigen emotionalen Bindung zwischen den beteiligten Menschen bei.

Wie wichtig ist Berührung für die seelische Gesundheit?

Hier gibt es große Unterschiede zwischen den Menschen und man kann das nicht verallgemeinern. Einige Menschen kommen ganz gut ohne Umarmungen oder andere Berührungen aus und vermissen sie auch nicht. Manche finden Berührungen sogar negativ. Für andere ist es wirklich schlimm, wenn sie länger nicht in den Arm genommen werden, und die Abwesenheit von Berührungen kann sich negativ auf die seelische Gesundheit auswirken. Das wurde besonders während der Corona-Pandemie deutlich. Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hatten viele Menschen weniger Möglichkeiten zum sozialen Austausch und damit auch zum Umarmen anderer Menschen, und einige fühlten sich damit sehr unwohl. In einer wissenschaftlichen Veröffentlichung wurde das Gefühl „Hunger nach Berührungen“ genannt, das trifft es vielleicht für einige Menschen ganz gut.

Kann man durch gezielte Berührungen Stress und Anspannung abbauen und somit die seelische Gesundheit stärken?

Ja, auf jeden Fall, vorausgesetzt, die Berührungen sind von beiden Menschen gewollt und werden positiv wahrgenommen! Studien konnten zeigen, dass Umarmungen vor stressigen Situationen (wie etwa Bewerbungsgesprächen) die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol in der Situation deutlich reduzieren. Interessanterweise konnte in einer Studie von Forschenden der Uni Frankfurt gezeigt werden, dass auch Selbstumarmungen Stresshormone reduzieren können. Wenn man also grade mal niemanden zum Umarmen hat, kann es auch Stress und Anspannung reduzieren, sich einfach mal selbst in den Arm zu nehmen.

Sebastian Ocklenburg

Prof. Dr. Sebastian Ocklenburg ist Professor für Forschungsmethoden in der Psychologie an der MSH Medical School Hamburg.

In seiner Forschung beschäftigt er sich mit Linkshändigkeit, Hirnasymmetrien und sozialen Berührungen. Dazu schrieb er unter anderem das Buch "Die Psychologie und Neurowissenschaft der Umarmung"